Hilfsbedürftige Igelkinder

Hilfsbedürftige Igelkinder

Im August kommen die meisten Igelkinder zur Welt. Nach 35 Tagen Tragzeit werden durchschnittlich vier bis sechs Igelsäuglinge geboren. Die Augen und Ohren sind noch zwei Wochen lang geschlossen

Ungefähr 24 Tage werden die Babys im Nest ausschließlich mit Muttermilch versorgt. Stoßen die ersten Milchzähnchen durch, werden die Jungen aktiver. Jetzt müssen sie lernen, was fressbar ist und was nicht, und zwar ohne Igelmutter. Die hat nämlich während der Jungenaufzucht einen riesigen Hunger und sucht in einem viel weiteren Umkreis nach Futter als ihr Nachwuchs. Das bedeutet: Igelmütter gehen nachts selbst auf Beutefang. Erst wenn der Morgen dämmert, trifft sich die Igelfamilie wieder im Wurfnest. Die Jungenaufzucht dauert insgesamt 6 Wochen. Im Idealfall wiegen die Jungigel dann um die 250 Gramm.

Wann brauchen Igelbabys unsere Hilfe?

Babytransport ©Dinter
  1. Manchmal wird ein Igelnest durch Gartenarbeiten zerstört. Die Igelmutter flüchtet zunächst und lässt ihren Nachwuchs zurück. Das muss noch nichts heißen. Erst wenn die Mutter auch nach zwei Sunden nicht zum Nest zurückkehrt, brauchen die Jungen unsere Hilfe
  2. Tagaktive kleine Igelsäuglinge kriechen nur aus dem Nest, wenn die Mutter nicht da ist und sie schon längere Zeit nicht mehr gesäugt wurden. Auch dann brauchen die Tiere dringend unsere Hilfe.

Was ist zu tun?

Die Aufzucht verwaister Igelsäuglinge ist ein Mammutprojekt, dass je nach Alter und Anzahl der Babys sehr belastend sein kann. Für eine erfolgreiche Handaufzucht sind folgende fünf Punkte entscheidend: Wärme, Nahrung, Toiletting, Hygiene und die Dokumentation der Entwicklung.

Unterbringung

Igelkiste ©Gehret

Die Unterbringung sollte in einer Kiste, ausgelegt mit Handtüchern erfolgen. Als Wärmequelle eignet sich eine Wärmflasche. Das Wasser muss regelmäßig geprüft und ausgetauscht werden. Es darf nie auskühlen. Die Igelbabys werden auf die, mit einem Handtuch umwickelte Wärmequelle, gesetzt und zusätzlich zugedeckt. Die Kiste muss so geräumig sein, dass die Säuglinge von der Wärmequelle wegkrabbeln können, sollte es ihnen doch zu warm werden.

Welpenersatznahrung

Igelsaeugling ©Gehret

Für Igelsäuglinge eignet sich die Welpenersatznahrung „Esbilac“ oder „Babycat Milk“von Royal Canin. Die Ersatzmilch wird nach Gebrauchsanweisung mit ungesüßtem Fencheltee angerührt. Gefüttert wird mit einer Einwegspritze mit einem weichen Aufsatz. In der Regel kann jede Tierarztpraxis eine solche Einwegspritze für Sie vorbereiten.

Die Futtermenge sollte bei Igeln unter 100 Gramm ca. 25% des Körpergewichtes in 24 Stunden betragen. Bis zu einem Alter von 14 Tagen werden die Igelkinder Tag und Nacht gefüttert. Angefangen mit 10 Mahlzeiten in 24 Stunden. Mit zunehmendem Alter und Gewicht der Igelkinder erhöht sich die Trinkmenge, gleichzeitig werden die einzelnen Mahlzeiten langsam reduziert. So werden Igel ab ca. 100 Gramm nur noch tagsüber gefüttert. Sobald die Milchzähnchen durchstoßen, kann die Welpenersatznahrung zusätzlich mit kleinen Mengen Katzenfeuchtfutter vermischt und in einem flachen Schälchen angeboten werden.

Umstellung auf feste Nahrung ©Gehret

Toiletting und Hygiene

Igelsäuglinge, die nicht selbstständig fressen, können ohne Hilfe keinen Kot absetzen. Der Igelpfleger muss also das Bäuchlein, die Geschlechtsorgane und den After massieren, bis die Tiere Kot und Urin abgeben. Solange die Igel ausschließlich Welpenersatznahrung bekommen, scheiden sie kleine grüne Kügelchen aus. Das ist normal. Hygiene ist nun ganz wichtig. Da Kot und Urin die zarte Haut der Igelbabys reizen, müssen die Jungen davon gesäubert werden. Erst danach kommen die Tiere zurück auf die Wärmflasche. Es kann nun vorkommen, dass die kleinen Igel auch zwischen den Mahlzeiten etwas Kot und Urin absetzen. Bitte reinigen Sie dann die Schlafkiste und wechseln Sie die Hand- und Küchentücher. Das Toiletting muss trotzdem stattfinden. Und zwar solange, bis die Tiere von alleine Nahrung aufnehmen. Das geschieht mit etwa 3-4 Wochen.

Dokumentation

Eine der wichtigsten Arbeiten in der Igelpflege ist die Dokumentation. Nur so lassen sich Veränderungen nachvollziehen. Bitte legen Sie für jedes Pflegetier ein Protokoll mit den Eckdaten Tier (Name, Erkennung), Datum, Gewicht, errechnete Tagesration, Fütterungszeit- und Menge und Besonderheiten an. Wiegen Sie jedes Tier einmal täglich zur gleichen Zeit (am besten morgens mit einer Digitalwaage), um die jeweilige Tagesfuttermenge zu errechnen.  Jedes Tier hat seine eigene Entwicklungszeit. Die Igel nehmen nicht gleichmäßig zu und fressen auch nicht immer die gleiche Menge. Notieren Sie sich das! Und ebenso ganz wichtig: Nach jeder Fütterung findet das Toiletting statt. Auch dieses Ergebnis muss notiert werden.

Allein oder zusammen?

Igelwürfe sollten zunächst zusammenbleiben und gemeinsam versorgt werden. Die Tiere wärmen sich gegenseitig. Mit einem Alter von ca. 4 Wochen, kann es jedoch sein, dass die ersten Raufereien um das „zusätzliche“ Futterschälchen beginnen. In manchen Fällen ist dann eine Trennung sinnvoll.

Übrigens: Ab einem gewissen Zeitpunkt (mit ca. 130 Gramm +/-) brauchen die Igel keine Wärmflasche mehr. Die Unterbringung muss dann bei Zimmertemperatur in einem artgerechten Käfig oder Freilauf stattfinden. Ab einem Gewicht von 250 Gramm können die Tiere, je nach Witterung, in ein Außengehege umziehen. Lässt es der Herbst noch zu, können die Igel noch vor dem Winterschlaf ausgewildert werden.